Für Martin Sander ist Akzeptanz sehr wichtig.

Sie haben jetzt Akzeptanz ja auch schon öfter genannt, als etwas, was für Sie entscheidend ist im Umgang mit Schmerz. Können Sie das noch einmal begrifflich fassen, was Sie genau damit meinen, mit diesem Wort Akzeptanz?

Ja, Akzeptanz ist einfach so, dass man weiß: Ich habe eine Erkrankung und mit dieser Erkrankung ist- diese Erkrankung ist mit Schmerz verbunden. Dieser Schmerz wird mich begleiten, weil die Erkrankung chronisch ist und nicht geheilt werden kann. Also muss ich damit leben, dass ich ein Leben lang Schmerzen haben werde. Und das akzeptiere ich, dass die Situation so ist. Und nicht die Hoffnung habe, ja, morgen haben sie ein neues Verfahren, die können mir ein neues Bein machen.

Und, mag ja vielleicht sein, dass es das irgendwann gibt, nur es ist jetzt im Moment nicht so. Und das zu akzeptieren, ich habe das, das gehört jetzt zu mir mit und das ist ein Teil von mir. Und soweit ist es in Ordnung. Das ist Akzeptanz. Und auch die Akzeptanz zu haben, dass ich trotzdem noch ein wertvoller Mensch dieser Gesellschaft bin. Trotz meiner Erkrankung oder auch vielleicht gerade wegen meiner Erkrankung - kann ich noch vieles leisten, anders als vorher, vielleicht sogar besser.

Das müssen andere beurteilen. Aber ich denke, dass ich meinen Beruf als Berufung jetzt auch sehe und dass ich sehr erfolgreich arbeite. Denke, das Feedback bekomme ich immer wieder. Das macht mich auch zufrieden. Und was mich auch zufrieden macht, dass ich mich arrangiert habe mit meiner Erkrankung. Dass ich immer sage: „Hey Charly, guten Morgen. Da bist du ja. Lass uns gemeinsam den Tag beginnen.“ Und dann läuft es. Charly ist übrigens mein Schmerz.

Was verändert sich da innerlich bei Ihnen? Oder hat sich verändert?

Ja, es ist eine Gelöstheit. Wenn ich mich nur, wenn ich die Akzeptanz nicht habe, dass sich irgendetwas verändert hat bei mir oder dass ich eine Erkrankung habe. Wenn ich diese Akzeptanz nicht habe, verkrampfe ich. Ich verkrampfe nicht nur körperlich, ich verkrampfe auch seelisch. Und über Akzeptanz lerne ich, diese Verkrampfung zu lösen. Vor allem die seelische Verkrampfung zu lösen. Dass ich nicht nur fokussiert bin: ich bin der arme Mensch, ich habe jetzt die Krankheit und ach Gott, wie schlimm ist es, es tut mir alles weh.

Sicherlich sind auch die Phasen da, wo es wirklich furchtbar weh tut. Ja, nur den Fokus darauf legen, okay, es kommen auch wieder andere Zeiten. Ich weiß nicht, wie es wäre wenn ich jetzt permanent zehn hätte - von der Skala. Das was unerträglich ist. Es gibt ja auch Erkrankungen, die wir kennen, wo so etwas ist, wo die Leute auch wirklich nicht mehr leben wollen und leben können. Nur bei mir ist es so, dass ich die Schmerzspitzen zwar habe, dass sie aber auch wieder weg gehen. Und allein das zu wissen, es wird wieder anders und ich kann mein Leben trotzdem gut gestalten, für mich gut gestalten. Intensiver wahrnehmen und - ja, das hilft mir.

Und ich habe ja einen Leitsatz geprägt, der heißt, wenn mich jemand anspricht: „Ja Gott, wie geht es dir denn, kann man damit leben?“, dann sage ich immer: „Ja, weil Kabelbrand im Herzschrittmacher wäre schlimmer.“ Und dieses Motto, das hilft mir.