Die Erfahrungen von Marta Hinze

Portrait Marta Hinze ist zum Zeitpunkt des Interviews im Juni 2012 16 Jahre alt. Sie ist Schülerin und lebt mit ihrem kleinen Bruder bei den Eltern. Vor drei Jahren wurde bei ihr Colitis ulcerosa festgestellt. Frau Hinze hat einer Veröffentlichung ihres Interviews in der Textversion zugestimmt.

Marta Hinze litt im Oktober 2009 nach einem Urlaub mit ihren Eltern unter Bauchschmerzen, Durchfall und einem hohen Gewichtsverlust. Etwas später kam noch Blut im Stuhl. Daraufhin wurde sie in die Notaufnahme gebracht. Dort vermutete man eine Salmonellenvergiftung. In der Stuhlprobe wurde tatsächlich eine Infektion festgestellt und mit Antibiotika behandelt. Als sich ihr Zustand nicht verbesserte, wandten ihre Eltern sich an den Hausarzt. Dieser überwies Frau Hinze an die Spezialisten des Universitätsklinikums. Nach einigen Tests wurde die Diagnose Colitis ulcerosa gestellt und eine Therapie mit Cortison begonnen. Cortison brachte schnell eine Besserung, aber auch Nebenwirkungen in Form von starker Gewichtszunahme mit sich. Zurzeit nimmt Frau Hinze Azathioprin und hat kaum mehr Symptome. Lediglich in stressvollen Situationen wie einer Klausurenphase erlebt sie mäßige Beschwerden. Auch eine homöopathische Behandlung empfand sie als hilfreich und würde das wieder machen, wenn ihr Gesundheitszustand sich verschlechtern sollte.

Aufgrund der Erkrankung hat Frau Hinze ca. ¼ Jahr in der Schule gefehlt. Die Lehrer waren sehr verständnisvoll, und sie musste die Klasse nicht wiederholen. Ihre Mitschüler hatten das Gefühl, sie würde eine Sonderbehandlung bzw. eine Bevorzugung von Seiten der Lehrer genießen, was am Anfang zu einigen Konflikten führte. Ihre Eltern haben sich vor allem am Anfang ganz viel Sorgen gemacht, fast mehr als sie sich selbst machte. Bezüglich Essensgewohnheiten hat sich nur wenig seit der Erkrankung verändert. Lediglich scharfe Sachen und Milchprodukte verträgt Frau Hinze nicht mehr so gut. Am Anfang hat sie sich noch viel im Internet über ihre Erkrankung informiert, inzwischen macht sie das äußerst selten. In der Schubphase am Anfang war es auch psychisch für sie sehr schwierig. Die häufigen Durchfälle machten Frau Hinze sehr zu schaffen. Oft konnte sie erst zur dritten Stunde in die Schule gehen.

Die Diagnose und vor allem das Wort „chronisch“ hat sie am Anfang sehr beängstigt, weil das bedeutete, dass es ein Leben lang bleibt. Profitiert hat Frau Hinze von einer Bekannten, die auch Colitis hat, seit sie 12 Jahre alt ist. Diese Bekannte hat ihr ein wenig die Ängste genommen und erzählt, dass es nichts Lebensbedrohliches sei, sondern eher eine Nebensache im Leben und man es gut in den Griff bekommen kann. Durch die Erkrankung ist Frau Hinze um viele Erfahrungen reicher geworden. Sie glaubt nun, über bestimmte Dinge sich anders Gedanken zu machen als „gesunde“ Menschen und mehr auf sich selbst zu achten. Sie geht offen mit ihrer Erkrankung um. Die Lehrer in der Schule und ihre engste Freunde wissen Bescheid. Trotzdem möchte sie „einfach so sein wie die andern auch“ und wünscht sich keine Sonderbehandlung.

Das Interview wurde am 20.06.2012 geführt.

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