Sonja Zeiss-Wengler wünscht sich von den ÄrztInnen Wachsamkeit bei der Diagnosemitteilung.

Also was ich mir von Ärzten eigentlich wünschen würde, ist, dass sie diesen Moment, wenn sie merken, dass der Patientin der Boden unter den Füßen wegrutscht. Dass sie wirklich inne halten und sagen: "Ich habe vieles, was ich mit Ihnen besprechen möchte, aber ich sehe, Sie sind da im Moment gar nicht dazu in der Lage. Wer kann Sie jetzt unterstützen? Kann ich jemanden anrufen für Sie? Gibt es etwas, was ich jetzt für Sie tun kann? Und dann lassen Sie uns in Ruhe einen neuen Termin vereinbaren. Und wir besprechen, wie es jetzt weitergeht, wie eine Therapie aussehen kann." Dass man erst einmal zum Durchatmen kommen kann, erst einmal diesen Schock der Diagnose überhaupt ein Stück weit bewältigen, bei Weitem nicht, den bewältigt man auch in zwei Wochen nicht. Aber, dass das erst einmal überhaupt an einen herankommen kann, dass die Bereitschaft, sich damit auseinander zu setzen: Welche Therapien kommen jetzt auf mich zu?, überhaupt erst einmal entstehen kann.
Und, dass auch nicht gesagt wird: "Wir machen das jetzt so und so und so und so." Also feste Vorgabe, sondern, dass der Arzt sagt: "Wir haben Erfahrungen gemacht mit den und den Therapien, das ist das, was ich Ihnen jetzt vorschlagen kann." Dass der Arzt sagt: "Die Therapie hat die und die Konsequenzen." Also dass er wirklich aufklärt: Was gibt es da, also was passiert da eigentlich. Wie sicher ist es, dass mir diese Therapie auch wirklich hilft? Was gibt es darüber für Erkenntnisse? Was kann sie für Nebenwirkungen haben? Was gibt es für Möglichkeiten, mit diesen Nebenwirkungen umzugehen? Und auch dann, in diesem Therapiegespräch auch wieder die Wachsamkeit zu haben, zu merken, wenn das Gegenüber nicht mehr mit kann, wenn es nicht mehr aufnehmen kann.