Christiane Gertz Enkelin findet, dass Brustkrebs ein großes Abenteuer sei und die Held*innen immer überleben.

Jetzt ist mein Kind auch erwachsen und mit 36 kann man auch einem Menschen etwas zumuten. Aber wir haben sehr darauf geachtet, dass mein Enkelkind diese Information nicht bekam, die ist zehn. Und zwar, weil wir vermuten durften, dass alle Welt, wenn sie sagt: "Meine Oma hat Brustkrebs." Dass Alle sagen: "Da muss sie bald sterben." Und es gibt eine sehr schöne Anekdote, die ich jetzt schon so oft erzählt habe, die ist so goldig. Und zwar haben wir gesagt, sie kriegt es dann erzählt, die Kleine, wenn sich das entweder zufällig ergibt, wenn sie da ist- wir wohnen ja nicht zusammen oder wenn sie mich mehrere Tage hintereinander erleben kann, damit sie das einordnen kann.
Und das hat sich ergeben, als sie zufällig ins Bad reinkam, als ich da stand. Da hatte ich noch die Markierungen von der Strahlentherapie überall am Körper und sie bleibt stehen und sagt: "Oma, ist das ein Tattoo?" Dann habe ich gesagt: "Nein, Du weißt doch, die Oma würde sich da keine Tattoos machen, außerdem- das sieht doch da gar keiner." - "Hm." Sagt sie: "Da musst Du mir jetzt einmal sagen, was das ist." Und daraufhin habe ich ihr erzählt, dass ich Brustkrebs habe, dass das bestrahlt wird und das wäre auch der Grund, warum die Brust so braun wäre und warum die Narbe da jetzt wäre, die wäre von der Operation. Das hat die Zehnjährige gut verstanden, ist dann verschwunden und hat nicht nachgefragt.
Und dann kam sie am Nachmittag noch einmal, sie liest zurzeit [Science-Fiction Roman], sie ist ein ganz großer [Science-Fiction-Roman]-Fan und dann hat sie zu mir gesagt: "Oma, kann man an Brustkrebs sterben?" Dann habe ich gesagt: "Ja, es sterben sogar auch relativ Viele daran." Dann sagte sie zu mir: "Du? Musst Du dann auch sterben?" Dann habe ich gesagt: "Ich sterbe dann, wenn Gott will, dass ich sterbe." Und dann hat sie gesagt: "An Brustkrebs?" Dann habe ich gesagt: "Das halte ich nicht für wahrscheinlich." Sagt sie zu mir: "Was würdest Du denn sagen? Ist denn Brustkrebs dann ein großes Abenteuer?"
Dann habe ich gesagt: "Ja." Ich sage: "Das ist genau das Wort, was ich noch nicht gefunden hatte, Brustkrebs ist ein gutes- ein großes Abenteuer." Und dann sagt sie zu mir: "Das muss sein wie [Figur aus dem Science-Fiction-Roman]." Das ist so eine Heldin da in [Science-Fiction Roman]. Sagt sie: "Und die Helden, Oma, die Helden überleben immer." Das fand ich so herzig. Seitdem läuft Brustkrebs in meiner Familie als "das große Abenteuer". Und mein Enkelkind hat sich zum Karneval als [Figur aus Science-Fiction-Roman] verkleidet, das fand ich auch süß.